Saturday, March 24, 2012

Mit den Kindern auf der Chacra

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Ich glaube in der ganzen Zeit, in der ich schon hier bin, gabe es vielleicht eine Woche in der alles geregelt abgelaufen ist, also nach dem Arbeitsplan, an dem die Schwestern und wir Freiwilligen uns orientieren. Aber wirklich nur „orientieren“, denn in jeder Woche, an jedem Tag, kommt vieles wieder anders. Doch gerade deswegen wird es ja nie langweilig.

Letzte Woche zum Beispiel waren wir im „Schwestern-Notstand“ und sind es eigentlich immer noch. Es war nur die Oberschwester Nelly in der Albergue. Hermana Cecilia ist noch bis Mitte April in Columbien, und Hermana Nancy hatte sich für die letzte Woche Urlaub genommen. Da haben wir Freiwilligen geholfen, wo wir konnten, und haben Aufgaben übernommen, für die wir normalerweise nicht zuständig sind. Zum Beispiel haben wir beim Austeilen des Essens für die Kinder geholfen, unser Mittagessen selber gekocht und mussten die Kinder bei der Hausaufgabenbetreuung übernehmen, um die sich normalerweise Hermana Nancy kümmert.
Bei der Hausaufgaben hat sich nun, da ein neues Schuljahr begonnen hat, auch ein wenig geändert. Besonders für mich, da meine 5-Klässler (der Escuela/Primaria: 1. bis 6. Klasse) nun in der sechsten Klasse sind, und um die 6-Klässler kümmert sich üblicherweise die Lehrerin Pavela, um sie gezielt auf den Einstieg ins Colegio (auch Secundaria genannt: 1. bis 5. Klasse) vorzubereiten. Ich finde es ziemlich schade, dass ich nicht weiterhin mit ihnen arbeiten kann, weil ich mich schon so gut mit ihnen eingespielt habe. Jetzt bin ich für die Zweit- und Drittklässler zuständig, und auch teilweise für die Erstklässler. Um letztere kümmert sich normalerweise Hermana Nancy, aber letzte Woche war sie ja nicht anwesend, und manchmal geht sie auch schon bevor alle fertig sind. Die erste Woche, ohne Schwester Nancy und in der die Kinder mich zum ersten Mal als Autoritätsperson bei den Hausaufgaben hatten, war unglaublich stressig. Außerdem ist unter ihnen eine Neue, die kaum Spanisch versteht und spricht, wodurch die Kommunikation mit ihr ziemlich schwierig ist. Ich habe in dieser Woche jedoch schon gemerkt, wie sich die Arbeit mit den Jüngerinnen langsam einspielt, und auch das Vertrauen der Kleinen, die fast nur Quechua spricht, konnte ich gewinnen.
Diese Woche gab es allerdings nur Montag und Dienstag Hausaufgabenbetreuung. Denn an den Tagen von Mittwoch bis Freitag haben die Lehrer gestreikt, wodurch natürlich die Schule ausfiel. Die Bildung der Kinder steht andauernd hinten an.
Wir Freiwilligen haben nun auch wieder unseren Englischunterricht begonnen, da glücklicherweise an den Abenden kein Strom ausgefallen ist. Ich freue mich, wieder Kurse zu geben zu können. Es macht einfach Spaß, den Kindern das beizubringen, was man selbst für wichtig hält, und ihnen sinnvolle Lernübungen zu geben (die Hausaufgabe für die Klassen 4 der Primarier bis zu dem letzten Jahrgang der Secundarier war in den letzen zwei Wochen, Deckblätter für jedes Heft zu malen). Außerdem wurden die Gruppen neu gemischt, da nun natürlich Neue in die Secundarier gekommen sind. In der Gruppe von Julian, Laura und Johanna waren schon immer die Älteren, die mehr können, und deswegen sind die Besten aus unserer Gruppe in die von ihnen gerutscht. Somit kommen zu uns die Jüngeren, unter denen auch welche sind, die ganz neu in der Albergue sind. Da hat man die Chance auch diese Kinder besser kennenzulernen.
Ansonsten hatten wir, da an den letzten Tagen die Schule ausfiel, auf der Chacra Unterstützung von den Kindern. Das ist immer sehr willkommen, weil dadurch die Arbeit, für die wir zu fünft einige Vormittage gebraucht hätten, in zwei Stunden erledigt ist.

Zu guter Letzt: am Freitag feierte Julian seinen 20. Geburtstag. Zusammen mit der Lehrin Pavela und der Bäuerin der Chacra Juanna, haben wir uns einen Überraschungsparty überlegt, unzwar an keinem geringeren Ort, also in einer Chicharia in Quiquijana. Chicharias sind kleine „Bars“, in denen die Andenbewohner sich mit Chicha (Maisbier) betrinken (der Alkoholismus und auch die Alkoholabhängigkeit ist hier leider sehr groß). Es gibt hier in Quiquijana unglaublich viele, und bisher kannten wir nur den starken Geruch, der aus ihnen drängt. Nun also eine echte Sensation: Gringos in einer Chicharia! Julian hatte nichts geahnt, als wir ihn unter dem Vorwand, was für die Chacra zu holen dorthin gelotst haben. Eine gelungene Überraschung!

Bis bald, meine Lieben,
eure Verena

Friday, March 9, 2012

Die ersten Schultage für unsere Jüngsten

Diese Woche war die Albergue schon wieder viel belebter als die letzten Wochen. Es waren zwar noch immer nicht alle Kinder da, doch schon ca. 50 von ihnen. Einige neue Gesichter sind auch darunter.
Bevor jedoch die Albergue wieder gefüllt wurde, haben wir die Woche zuvor mit den wenigen Kindern noch einen größeren Ausflug gemacht. So etwas wird nur einmal im Jahr gemacht, und dementsprechend aufgeregt waren alle. Das Ziel in diesem Jahr waren die heißen Quellen in Sicuani. Auch wir Freiwilligen sind mit in das Wasser gesprungen und haben mit den Kindern bei einer Wassertemperatur von bis zu 40 °C rumgetollt. Wir hatten außerdem unser Mittagessen mitgenommen, und wir essen uns immer noch an den Keksen satt, die wir kurz vor Weihnachten in Massen geschenkt bekommen haben. Dieser Tag war also wirklich gelungen, und alle waren rundum glücklich.

Nun waren also schon fast alle Kinder wieder da, doch die Schule hat immer noch nicht wirklich begonnen; erst hieß es sie finge am 1. März an, dann am Montag, dann am Donnerstag, und jetzt meint man ab nächsten Montag geht es wieder richtig los. Die Schulordnung ist hier manchmal echt zum verzweifeln. Die Einzigen, die schon richtig am arbeiten sind, sind die Erstklässler. Unsere fünf Kleinsten, Yamilet, Rubi, Yajaira (diese drei haben wir vorher immer zum Kindergarten gebracht), Andres und William, wurden an diesem Montag eingeschult. Julian und ich haben sie an ihrem ersten Tag begleitet. Hier wird aus dem Erstenschultag jedoch nicht so eine große Sache gemacht (von wegen Schultüte und so), dafür besitzt man gar kein Geld, besonders nicht bei so vielen Kindern. Dieser Montag lief im Prinzip ab wie jeder Montag in der Schule: Die Klassen der Jahrgänge 1 bis 6 stehen in einer Reihe, „exerzieren“ wie beim Militär nach dem, was der Schulleiter sag, und halten ihren Arme streng an der Seite, während ein halbes Dutzend von Schulkindern mit der peruanischen Flagge vorneweg maschiert, wozu alle die Flaggenhymne singen. Zudem wird später die Nationalhymne gesungen und das Vaterunser gebetet. Zuzüglich zu dieser üblichen Prozession wurden schwungvolle zu einem weiteren Schuljahr motivierende Reden gehalten. In jenen hieß es, man seie sich bewusst, dass letztes Jahr nicht alles richtig gelaufen sei, doch dieses Jahr werde man alles besser machen, damit die Kinder, die die Zukunft des Landes seien, eine gerechte Bildung erhalten können. Man sei höchst motiviert in den Unterricht für dieses Jahr zu starten. Ich denke es ist überflüssig zu erwähnen, was ich von diesem Versprechen halte, wenn man gelesen hat, welche Erfahrung ich mit dem Unterricht der Lehrer gemacht habe.

Am Donnerstag war ich außerdem bei der Elternversammlung der Klasse von Yamilet und Rubi als vertretende Erziehungsberechtige anwesend. Dort wurde das Komitee gebildet, so wie auch bei uns der Elternvertreter gewählt wird usw. Im Weiteren wurde besprochen, welche Schulmaterialien die Kinder brauchen, wobei auch einige Sachen in einer Gruppe gekauft werden, weil es ökonomischer ist. Die Eltern müssen nämlich neben dem persönlichen Arbeitsmaterial der Kinder, solche Sachen wie Seife für das Bad und das Arbeitsmaterial der Lehrer (dicke Filzstifte, Tafel usw.) bezahlen. Eigentlich war diese Versammlung nicht allzu spannend, und die meisten Mütter können kein Spanisch, sondern nur Quechua, warum also auch viel Quechua gesprochen wurde und ich um eine Übersetzung auf Spanisch bitten musste.
Soweit dieser kleine Einblick in meine momentane Arbeit.
Ganz liebe Grüße,
Verena